Künstlerin bei der Arbeit

Es ist keine Neuigkeit, die die Welt aus den Fugen geraten lässt: Alles ist im Wandel. Immer. Was viele Menschen mittlerweile hingegen erstaunt, ist die schiere Geschwindigkeit, mit der sich Veränderungen heute vollziehen. Davon ist indessen die Kunstwelt nicht ausgeschlossen. Sie ist keine Disziplin mehr, die mit ihrer urkreativen Schaffenskraft von der Schnelllebigkeit der übrigen Welt in Frieden gelassen wird. Nein, Bilder in allen möglichen Stilrichtungen benötigen heute keinen realen Pinsel mehr, und nicht einmal viel Zeit muss eingeplant werden, bis alles fertig ist. Lassen wir nämlich den Künstler gleich ganz weg, spucken Rechenzentren heutzutage regelrecht am Fließband optisch ansehnliche Resultate mit Wunschinhalt aus. Doch Stopp. Ist es wirklich so simpel, hat der Künstler ausgedient und lediglich sein Publikum weiß mit seiner Aufmerksamkeit zu überleben, hat noch einen gewissen Wert für das Kunstwerk an sich, da es dessen Betrachter ist? Dieser Artikel schickt sich an, darauf eine Antwort zu liefern. Gleich vorweg: es ist nicht so einfach.

Sinn und Unsinn in der Kunst

Wir erwähnten es bereits: Kunst kann heute auch eine Maschine recht ansehnlich produzieren. Ja, produzieren, denn binnen Sekunden laufen die Bilder in allen erdenklichen Stilrichtungen und Pinselstrichen vom digitalen Fließband, Sie müssen den maschinell lernenden Algorithmus von Plattformen wie DALL-E, Midjourney und Co. nur ordentlich mit Text füttern. Braucht es da in Zukunft noch Studenten mit Abschlüssen in Design und verwandten Bereichen? Die vielleicht den ein oder anderen verblüffende Antwort lautet: ja, und mehr denn je. Der Grund liegt im Entstehungsprozess selbst und ebenso im Resultat verborgen. Der Text, mit dem Sie die Maschinen füttern, ist der sogenannte Prompt. Ihn benötigt der Algorithmus, schließlich hat er selbst keine Muse, keinen eigenen Willen, etwas Neues zu kreieren. Der Mensch bleibt hier Schlüsselfigur, Antreiber, Ideengeber. Es braucht auch bei digitalen Bildern einer künstlichen „Intelligenz“ noch den Faktor Mensch, beruhigend. Irgendwie. Und es ist nicht trivial, was Sie als kreatives Individuum hier leisten können und müssen. Sollten Sie bereits mit einem der neueren Tools im Internet experimentiert haben, werden Sie etwas Erstaunliches festgestellt haben: Gute Beschreibungen, gute Prompts zu entwickeln, ist eine Kunst für sich. Es genügt meist nicht, sich mit Alltagssprache an die Beschreibung für ein neues Bild zu wagen. Sie müssen eine ganz eigene Vorgehensweise durch Experimentieren und Fehlschläge erlernen, eine neue Art des Ausdrucks, die es schafft, einer Maschine den gewünschten Output zu entlocken. Sonst kommt höchst generischer Müll heraus, Bilder, die vor fehlerhaften Zügen nur so strotzen oder kein stimmiges Konzept aufweisen. Stellte das jedoch die einzige Position dar, an welcher der Mensch noch Einfluss nimmt, wäre das dennoch höchst traurig. Dass dem nicht so ist, soll Thema des letzten Abschnitts unserer kleinen Reise in die Zukunft der Kunst werden. 

Der Mensch als Filter

Angenommen, Sie haben einen passenden Prompt entworfen und sehen sich nun mit den Sekunden später erstellten Resultaten konfrontiert. Mehrere Varianten prasseln gleichzeitig auf Sie ein. Doch welches ist das Beste? Ist eines davon überhaupt geeignet für den Einsatzzweck, den Sie sich zuvor erdachten? Vielleicht wollten Sie eine geeignete Bebilderung für ein Kinderbuch erstellen oder Sie möchten ein Bild als Untermalung eines Artikels kreieren. Dem maschinellen lernenden Werkzeug ist das Ergebnis gleich, es richtet sich an bereits erkannte Muster und filtert aus Ihrer Beschreibung eine Kernaussage heraus. Es kann die Ergebnisse inhaltlich und ästhetisch nicht beurteilen. Wahrscheinlich ist, dass die einzelnen Bilder eine solide Basis haben und nicht gänzlich am Ziel vorbeischießen — so Sie denn einen guten Prompt geliefert haben. Doch dann ist Feinarbeit angesagt. Und hier ist die nächste Stellschraube für den Menschen, den Künstler. Die Maschine erledigt die lästige Vorarbeit, gibt Anregungen für Stil und Komposition, doch der Mensch muss nun sein Wissen über Komposition, Goldenen Schnitt, Farbenlehre und vieles mehr anwenden. Dadurch fallen so einige der Resultate heraus, andere lassen sich mit manueller Arbeit (digital oder analog) justieren, anpassen, abändern. Der Mensch ist und bleibt das Bindeglied zwischen Kunstwerk und Publikum. Nur ein Mensch kann einem Bild Sinn und Ausdruck verleihen. Dazu braucht es aber nach wie vor Fachwissen und Kompetenz. Wir können Sie also beruhigen, wenn Sie ein Studium in Design, Kunst und ähnlich kreativen Feldern anstreben. Sie werden gebraucht, vielleicht mehr als je zuvor.