Der Kunstmarkt ist spätestens seit der Corona-Krise einer spürbaren Digitalisierungswelle ausgesetzt. Das betrifft sowohl die Art der Produktion von Kunstwerken als auch die Marktmechanismen an sich. 

Das Problem des Kunstmarktes

Das größte Problem des Kunstmarkts bis dato dürfte die Tatsache sein, dass er so gut wie gar nicht wächst. Zwar zeigt sich auch die jüngere Generation interessiert an Kunst und Kultur, sie tritt aber am Markt nicht in Erscheinung. Dabei ist es nicht nur das nötige Kleingeld, welches den Jungen fehlt.

digitale Kunst

Digitale Kunst auf dem Vormarsch

Es ist vielmehr der allgemeine Zugang zu einem Markt, der im Gegensatz zum Aktienmarkt nicht im Sekundentakt Informationen online produziert und publiziert. Es fehlen Berater und Präsenzbörsen, keine filmischen Dokumentationen bringen den Kunstmarkt dem Laien Schritt für Schritt näher. Auch Foren, Apps und Websites sind rar gesät, damit sich interessierte, aber ahnungslose Menschen über das Business informieren können.

Die Digitalisierung schafft neue Kunstformen

Dabei zeigte sich schon vor der Pandemie, dass vor allem junge Künstler der Digitalisierung gegenüber aufgeschlossen sind. Augmented und Virtual Reality sowie hochauflösende 3D-Bilder ermöglichen Kunstformen wie Liquid Art oder die stacheligen Kreationen eines Dan Lam, die der Künstler selbst Squishes oder Blobs nennt. Computertechnologien werden ausprobiert, um deren Beziehung und Relevanz zur Kunst zu verstehen. Viele Künstler gehen den Weg, Gemälde in 3D zu zeichnen und stellen Kunstwerke mittels Artificial Intelligence her.

Dabei ist die Pandemie verantwortlich für einen neuen kreativen Schub. Lockdowns und soziale Distanz eröffnen Freiräume, damit sich kreativ veranlagte Menschen ganz ihrer Kunst widmen und neue Ausdrucksformen testen können. Der Markt an digital geschaffenen Kunstwerken wächst täglich, sie werden im Internet bewundert und verkauft.

Non Fungible Token

Das Instrument des Handels von digitaler Kunst ist bereits gefunden. Non Fungible Token (NFT) sind Echtheitszertifikate für digitale Dateien. Sie ermöglichen es Online-Plattformen, welche bisher nicht mit dem Kunstmarkt in Verbindung gebracht wurden, Kunstwerke digital zu kaufen und zu verkaufen. Künstler können damit ihre Vermarktung selbst in die Hand nehmen.

Inzwischen beschreiten NFTs traditionelle Wege des Kunsthandels. Das renommierte Auktionshaus Christie´s versteigerte im März 2021 ein NFT eines völlig unbekannten Grafikdesigners für knapp 70 Millionen Dollar. Auch Galerien wachen langsam auf. So initiieren Nagel-Draxler und auch Priska Pasquer in Köln eigene Ausstellungen und sammeln Erfahrungen mit einer neuen, fremden Klientel. Dabei werden die Kunstwerke am Bildschirm betrachtet und im digitalen Raum diskutiert. Danach können sie auf digitalen Plattformen gehandelt und mit digitaler Währung bezahlt werden.

Digitalisierung als Sprungbrett für unbekannte Künstler

Bisher funktionierte der analoge, in sich geschlossene Markt genauso, wie es schon Andy Warhol auf den Punkt brachte: “Kunst besteht in der Kunst, Kunst zu machen. Und die Kunst, Geschäfte zu machen, kommt gleich nach der Kunst, Kunst zu machen.” Bis vor Kurzem dominierten nur die großen und bekannten Künstler, die durch Institutionen und Galerien gestützt wurden, den Markt. Künstler, deren Geschäftssinn weniger ausgeprägt war, blieben außen vor.

Unbekannte Künstler können noch so kreativ die genialsten Skulpturen und Bilder schaffen. Wenn niemand davon weiß, sind die Kunstwerke nichts wert, weil kein Kunstinteressent Kaufinteresse zeigen kann. Und so sehen viele in der digitalisierten Form des Kunstmarktes vor allem für kleinere, unbekannte Künstler die Chance, ihren Marktwert zu steigern und ein Stück vom Kuchen zu ergattern.

Ist der analoge Markt in Gefahr?

Skeptiker sehen in der Digitalisierung eine große Gefahr für den herkömmlichen Kunstmarkt. Schon die Globalisierung hat die elitären Zirkel aufgeweicht, da Käufer unter Umgehung der Galerien und Auktionshäuser Kunstwerke aus fernen Ländern kaufen konnten. 

Jetzt sind es die Künstler, die ihre Werke weltweit vor 4 Milliarden potenziellen Käufern anbieten dürfen. Wenn man die bisher gültigen Mechanismen des Online-Handels aus anderen Branchen zum Vergleich heranzieht, kann festgestellt werden, dass dieser dort schon die Hälfte des Umsatzes für sich in Anspruch nimmt. Die Gefahr, dass das Galeriesterben mit der Digitalisierung des Kunstmarktes forciert wird, ist also real gegeben, sofern sich die Häuser nicht auf die neuen Anforderungen einstellen!