Fotografie, Paula Modersohn-Becker
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Fotografie, Paula Modersohn-Becker, 1895.

Teil 1

Die Familie Becker

Paul Modersohn-Becker wird als Paula Becker am 8. Februar 1876 in Dresden-Friedrichstadt geboren. Ihre Eltern stammen jeweils aus zwei wohlhabenden Familien. Ihr Vater, Carl Woldemar Becker ist der Sohn von Paul Adam von Becker, der für seine Verdienste als Sprach- und Literaturwissenschaftler an der Hochschule in Odessa (in der heutigen Ukraine) zum kaiserlich-russischen Staatsrat ernannt und geadelt wurde. Ihre Mutter Mathilde von Bültzingslöwen ist Nachfahrin eines sächsischen Uradelsgeschlechts, den „Bültzingslöwen“.

Trotz dieser Herkunft aus wohlhabenden Familien lebte die Familie von Paula doch in vergleichsweise bescheidenen Verhältnissen. Sie lebten hauptsächlich von dem Einkommen des Vaters, der als Bau- und Betriebsinspektor (Ingenieur) beamtet war. Paula wuchs mit fünf Geschwistern auf; ihr 1880 geborener Bruder Hans verstarb bereits mit zwei Jahren an den Folgen einer Diphtherie-Erkrankung. Zu ihrer Schwester Herma, die 1885 als Zwilling zusammen mit Bruder Henry geboren wurde, pflegt sie die stärkste Geschwisterbindung.

Paulas Familie bietet ihr ein bürgerlich-liberales Klima, was auch dem Umstand zu verdanken ist, dass die elterlichen Familien relativ weltoffen sind; der Vater unternahm schon als russischer Jugendlicher eigene Reisen nach Engeland und Frankreich und Geschwister der Mutter lebten in Australien, Neusseeland und Indonesien.

Das Haus Paula Beckers in der „Schwachhauser Chaussee 23“
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Das Haus Paula Beckers in der „Schwachhauser Chaussee 23“, Bremen, (heute „Schwachhauser Heerstraße“), ihr Domizil von 1888-1899

Ein trauriges und sie sehr bewegendes Ereignis für die damals zehnjährige Paula ist der Tod ihrer Cousine Cora. Zusammen mit ihren beiden Cousinen Cora und Maidli Parizot spielt sie in einer Sandgrube bei Dresden. Plötzlich stürzt eine der Grubenwände ein und begräbt die kleine Cora unter sich. Die beiden anderen Mädchen können sich noch retten, aber Cora erstickt unter den Sandmassen. Paula beschreibt dieses Ereignis Jahre später in einem Brief an ihren späteren engen Freund Rainer Maria Rilke: „Dieses Kind war das erste Ereignis in meinem Leben.“ und „Mit ihr kam der Erste Schimmer von Bewusstsein in mein Leben.“.

wechselte der Vater den Arbeitgeber und zwar zur „Preußischen Eisenbahnverwaltung Bremischen Staatsgebiets“ . Damit einhergehend zog die Familie um, von Dresden in die Hansestadt Bremen. Bremen war zu der Zeit sehr stark von alteingesessenen Patriziern und wohlhabenden Handelsherren geprägt, die auf Menschen von außerhalb sehr zurückhaltend und verschlossen reagierten. Paulas Mutter verfügt allerdings über ein sehr einnehmendes und sympathisches Wesen und so schaffte sie es recht bald, die neuangesiedelte Familie Becker im Bremer gesellschaftlichen Leben zu etablieren. Der Vater Carl war hingegen von eher introvertiertem, ernsten und stillem Charakter, aber für seine Zeit und als Familienvater einer bestimmten Gesellschaftsschicht doch sehr aufgeschlossen und geistig rege.

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veröffentlicht von Steven Maier, am , aktualisiert zuletzt am

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