Paula Modersohn-Becker, Worpsweder Landschaft
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Paula Modersohn-Becker,
Worpsweder Landschaft, 1900

Ein wichtiges Detail, wenn man sich Gedanken über das Lebenswerk der Paula Modersohn-Becker macht, ist wohl die Tatsache, dass dessen Umfang erst nach ihrem, wenn auch sehr frühen Tod ans Licht kam. Paula arbeitete stets für sich allein, in ihren Atelies, in Worpswede und in Paris. Sie zeigt dem ein oder anderen einzelne Werke, auch um sich der Kritik des Betrachters zu stellen. Allerdings ahnte wohl niemand, auch nicht ihr Mann und Kunstkollege Otto, welchen Schatz sie in ihrem Worpsweder Haus gemalt und gezeichnet hatte. Als Paula am 22. November 1907 stirbt und ihr Mann zusammen mit dem Freund der Familie Hans Vogler ihren Besitz sichten, sind sie von der schieren Anzahl der Werke, die sie vor den Augen von Besuchern verborgen erhielt überwältigt. Nach aktuellen Schätzungen zufolge, besteht ihr künstlerisches Lebenswerk aus rund 750 Gemälden, 1000 Zeichnungen und 13 Radierungen.

Überaus beeindruckend sind diese oben genannten Zahlen, wenn man dabei bedenkt, das Paula Becker Modersohn dies im Laufe von nur gut zehn Jahren erschaffen hat. Für die künstlerische Schaffenskraft ist dies der wohl beste und handfesteste Beweis.

Paula stirbt im Alter von nur 31 Jahren und künstlerisch stand sie sicher noch am Anfang. Ihre Zeit als Künstlerin ist davon geprägt, dass sie lernte, ausprobierte und studierte. In ihren zahlreichen Tagebucheinträgen schreibt sie immer wieder davon, dass sie langsam sicher ist, auf dem „richtigen“ Weg zu sein, dass „etwas aus ihr wird“. Bezeichnend für die Künstlerin ist, dass sie sich selbst für noch so weit hielt, eigene Ausstellungen ihrer Werke mied und wohl auch deshalb Anderen den Blick nur auf sehr wenige uns ausgewählte Bilder erlaubte.

Mumienporträt aus dem Fayyum-Becken, Ägypten
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Mumienporträt aus dem Fayyum-Becken, Ägypten, 1. - 2. Jahrhundert n. Chr.

Zu Paulas wohl wichtigsten Einflüssen zählen die französischen Impressionisten. Aber auch von der ägyptischen Sarkophag-Porträtmalerei lässt sie sich inspirieren. Bei ihrem ersten Besuch in Paris besucht sie das ägyptische Museum und bestaunt dort die ägyptischen Sarkophage, aus der Zeit, als sie ägyptische Kunst sich stark mit hellenistischen Einflüssen durchdrang. Was sie beeindruckte waren die Porträts, die man auf den Sarkophagen sehe konnte: Abbildungen der Gesichter des Verstorbenen, in einem sehr reduzierten Stil gemalt. In dieser Kunst erkannte sie ihre Vorliebe wieder, sich selbst in ihrer eigenen Kunst auf das für sie Wesentliche zu beschränken.

Am häufigsten wählt Paula als Motiv für ihre Kunst, ländliche Landschaften, vornehmlich von der Worpsweder Heiden- und Moorlandschaft inspiriert, daneben Kinder und Frauen und sich selbst. Allen Motiven gemeinsam ist, dass sie gemalt sind, mit nur wenigen reduzierten Farben, meist kräftige erdige und dunkle Töne, aus denen manchmal sehr viel hellere Farben, als Lichtpunkte deutlich umgrenzt aus dem Bild stechen. So wie die Farben, so sind auch die Flächen und Umrisse reduziert gehalten. Es gibt kaum kleine Details, die Bilder sind damit das Gegenteil, was man ansonsten „verspielt“ nennt. In ihrer Reduziertheit wirken viele Bilder auf den Betrachter beklemmend, so als würde Paula insbesondere die von ihr gemalten Menschen in einer zumindest ernsten, melancholischen und sogar traurigen Stimmung festhalten wollen. Mit dieser Stimmung hatten viele Betrachter ihrer und der Zeit danach Schwierigkeiten. Die noch vorherrschende Kunst der Gründerzeit heroisierte die Menschen und die ihm umgebende Natur. Paulas Darstellungen wirkten demgegenüber wie eine Kritik an diesem vorherrschenden Bild, so als wolle sie das harte und trostlose Leben der sie besonders in Worpswede umgebenden Menschen hervorheben. Daran konten sich viele Menschen ihrer Zeit nicht wirklich erwärmen.

Paula Modersohn-Becker, Stillleben mit Früchten
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Paula Modersohn-Becker,
Stillleben mit Früchten, 1906

Einzigartig sind die Selbst-Aktstudien Paulas: noch nie vor ihr, hatte ein Künstler sich selbst im Akt gemalt/gezeichnet. Neben einigen anderen Details in ihrem Malstil galt dies als provokativ und unfein, zur damaligen Zeit.

Paula Becker Modersohn war eine offensichtlich schaffensfreudige Künstlerin, dennoch blieb sie auch nach ihrem Tot im In- und Ausland eher unbekannt. In Bremen widerrum ist ihr und ihrem Werk die Böttcherstraße und das Paula Becker Modersohn Museum gewidmet.

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veröffentlicht von Steven Maier, am , aktualisiert zuletzt am

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