Paula Modersohn-Becker, Mädchen mit Katze im Birkenwald
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Paula Modersohn-Becker, Mädchen mit Katze im Birkenwald, 1904

Teil 5

Rückkehr zu Mann und Hof, Tod

Paris und Worpswede – das sind zwei starke entgegengesetzte Pole im Leben der Paula Modersohn-Becker. Mit Worpswede verbindet sie die Abgeschiedenheit der Umgebung, die ihre Kunst so inspiriert und deren Menschen sie nur zu gerne immer wieder proträtiert. Das Worpsweder Armenhaus ist ihre wichtigste Adresse und hier ist sie als gern gesehene Künstlerin dafür bekannt, dass man bei ihr die ein oder andere Mark verdienen kann, allerdings zum Preis von teils langem still Sitzen. Ebenso verbindet Paula mit Worpswede ihren Mann, Otto, der nur ungern Paulas Begeisterung für Paris teilt und es meidet, mit ihr dorthin zu reisen. Gleichsam ist aber die Worpsweder Künstlergemeinschaft ihr zu eng und auf ihre ganz eigene Kunstsicht eingeschworen. Hier findet sie nur wenig künstlerische Anerkennung und auch hier ahnt niemand vom Umfang Paulas Werken.

Mit Paris verbindet sie die Lebendigkeit und den Freigeist der Kunst, den sie in sicher selber verspürt. Hier bietet sich ihr das Umfeld, indem sie ungestört arbeiten kann und will. Persönliche wie auch materielle Probleme machen es ihr aber ganz besonders hier schwer, sich dauerhaft niederzulassen. Sie vermisst familiär Zuspruch für ihre Kunst, von ihrem Mann und ihrer eigenen Familie. Sie scheinen nicht recht an ihren Erfolg zu glauben und hoffen insgeheim, dass Paula sich durch die Bindung zu ihrem Mann doch endlich den guten alten familiären Werten hingibt, Haus und Familie. So ist auch nicht verwunderlich, dass Paula, als sie sich von ihrem Mann in einem Brief Mann, nach Paris zieht, ein letztes Mal, um dann doch wieder zu ihrem Mann und nach Worpswede zurückzukehren.

Paula Modersohn-Becker, Liegende Mutter mit Kind
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Paula Modersohn-Becker, Liegende Mutter mit Kind

Im Alter von 31 Jahren starb Paula Becker Modersohn in ihrem Haus, im Beisein ihres Mannes und ihres Bruders. Die Geburt ihrer Tochter, zwanzig Tage zuvor, am 2. November 1907, hatte sie sehr geschwächt, denn sie verlief ungewöhnlich anstrengend. Die Hebamme befürchtete, das Kind wäre bereits tot, da es keine Herztöne mehr feststellen konnte. Ein Arzt wurde in aller Eile herbeigerufen und nach ca. 12 Stunden heftigen  Wehen, hatte es Paula und ihre Tochter Tille endlich geschafft; Tille ging es gut. Der Art verordnete der Mutter Bettruhe, da sie über starke Schmerzen in den Beinen klagte. An jenem Abend des 20 Novembers nun, es war der erste Abend, den sie wieder außerhalb des Betts erleben durfte, trug sie ihre neugeborene Tochter auf dem Arm in Wohnstube und bemerkte noch „Nun ist es fast so schön, wie an Weihnachten.“, Plötzlich jedoch verspürte sie eine starke Schwäche, wollte sich setzen, brach infolge dessen zusammen und starb. Alles ging sehr schnell.

Grabdenkmal auf dem Worpsweder Friedhof, von Bernhard Hoetger
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Grabdenkmal auf dem Worpsweder Friedhof, von Bernhard Hoetger, 1907.

Lizenzhinweis

artwork: Bernhard Hoetger ; picture: user:Concord, Modersohn Grave, CC BY-SA 4.0

Paulas früher Tod bot Anlass für Anlass für einige Mythen, die kurz darauf entstanden. Bereits ein Jahr zuvor, hatte sie in ihrem Tagebuch vermerkt, dass sie wohl nicht mehr lange leben würde. Aber schon am nächsten Tag, widerrief sie diese pessimistische Einstellung. Paula Tagebucheinträge sind gekennzeichnet von einer starken Emotionalität – sie konnte in Gedanken an ihr vergangenes und bevorstehendes Leben himmelhochjauchzen und im beinahe nächsten Moment eine völlig dem entgegengesetzt Einstellung formulieren. Bezeichnend ist auch, dass sie sich ebenfalls ein Jahr zuvor bereits als Schwangere selbst porträtierte, obwohl sie sich gerade von ihrem Mann getrennt hatte und sie an eine bevorstehende Schwangerschaft wohl kaum denken konnte.

Es gab einige Autoren und Journalisten, die Paulas Tod zum Anlass nahmen, besonders ihre Rolle als verkannte und ungeliebte Künstlerin übertreiben in den Vordergrund zu rücken. Der Witwer, Otto Modersohn, musste sich einige Artikel und Berichte gefallen lassen, die ihn als herzlosen Mann darstellten, der seine junge Frau in den frühen Tot trieb, mit seinen allzufesten Vorstellungen von ihrem Leben, die so nicht zu ihre passen wollten. Es gehört wohl aber auch zu dem besonderen Zeitgeist des beginnenden 20. Jahrhunderts, dass Paulas Leben für kurze Zeit nach ihrem Tod als das einer Märtyrerin mystifiziert wurde. Bezeichnender Weise schöpften eifrig solche Menschen an dieser Entwicklung, die von Paula Becker Modersohn oder gar ihrer Ehe, erst nach ihrem Tod erfuhren. Zum besonderen Mythos zwischen den beiden trug auch der Umstand bei, dass Ottos ebenfalls jüngere erste Ehefrau, Hellene, ebenso wie Paula mit 31 Jahren verstarb.

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veröffentlicht von Steven Maier, am , aktualisiert zuletzt am

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